Bikepacking Grand Combin oder so Tag 2: Friends with Benefits

Schon in der Nacht war zumindest dem Schreiberling klar, dass unsere neu gewonnenen Freunde durchaus ihre Benefits haben. Der Schlaf war tief und lang, das Gefühl am Morgen wie neugeboren.

Bis wir unser Frühstück verschlungen, Zähne geputzt und Biketenue komplett montiert hatten, war von unseren Bergradgefährten nichts mehr zu sehen. Als wir jedoch unsere Carbonhengste aus dem Stall befreien wollten, standen die bereits draußen parat. Ein Wunder, waren nicht auch noch die Ketten geölt und die Bremsbeläge gewechselt worden…

Wir machten uns auf den beschwerlichen Aufstieg zum fast 2850m hohen Fenêtre du Durant. Zuerst auf einem Schottersträsschen, dann durch einige finstere Tunnels oberhalb des Mauvoisin-Stausees.

Natürlich tröpfelte es auch bereits leicht, und vom Tal her verfolgten uns dunkle Regenwolken.

Als uns diese eingeholt hatten, suchten wir einen Unterschlupf -doch leider war da nicht viel in der Nähe. Aber dafür haben wir ja Freunde. Auch Petrus zählte heute dazu. Er dirigierte die Schauerzelle an uns vorbei, und just mit Beginn des Singletrail-Aufstiegs erschien die Sonne.

Was für eine grandiose Szenerie! Auch wenn die Gletscher rundherum auf der Intensivstation liegen – sie leben noch!

Links, rechts, vorne, hinten. Je höher wir kletterten, desto mehr umgaben sie uns. Der Trail – “im Prinzip fahrbar”, wie es so schön heißt im Bikerslang. Eigentlich einer der Marke seidenfein, aber auf über 2500müm wird auch für uns die Luft langsam dünn. Aber an Erfahrung und Kampfgeist für solche Situationen fehlt es uns alten Hasen natürlich nicht.

So erblickten wir dann auch schon bald unsere zwei Bikefreunde – welche uns mit einer Standing Ovation empfingen. Echte Freundschaft plus eben.

Ein kurzer Blick zum Himmel reichte allerdings, um sogleich wieder ans Treten zu denken und aufs Gaspedal zu drücken. Sie freilich- ihre Namen entziehen sich nach wie vor unserer Kenntnis- hielten es für angemessen, da eine ausgiebige Brotzeit einzuschalten.

Nun ja, wenn wir ihre Rucksäcke mit unserem Setup verglichen, so konnten sie da oben wohl ein Biwak mit Notstromaggregat, Dusche und Kochherd aufbauen. Dank großzügiger Essensvorräte und Daunenbekleidung wären sie wohl auch bei einem verfrühten Wintereinbruch weder verhungert noch erfroren da oben.

Nach der nächsten Kurve verschwanden sie jedenfalls für den heutigen Tag unseren Blickfeldern. Wobei man den Tag bekanntlich nicht vor dem Abend loben sollte.

Wir jedenfalls wussten auf der Passhöhe, warum wir unseren Carbonrössli die Sporen gegeben hatten. Wieder verfolgte uns eine weiße Regenwand, und wir stachen umgehend in den alpinen, nicht ganz einfachen Trail. Um nach 300 Höhenmetern von der Regenfront eingeholt zu werden.

Doch diesmal war auf unsere italienischen Freunde Verlass. Vermutlich hatten vor Urzeiten mal Schäfer eine kleine Höhle in einen Felsen als minimalistischen Wetterschutz geschlagen.

Für uns jedenfalls kam die Hilfe genau zur richtigen Zeit.

Lange mussten wir nicht auf unseren Freund Petrus warten. Schon nach kurzer Zeit erschien die Sonne wieder und trocknete uns freundlicherweise auch den Trail ab, der mittlerweile von dunkelschwarz auf dunkelrot gewechselt hatte.

Wir wechselten wieder in den Flugmodus und schossen Richtung Aostatal.

Was leider dafür sorgte, dass wir eine Abzweigung verpassten. Doch dafür haben wir ja unsere smarten Apfel- und Garminfreunde. Schon bald waren wir dank ihrer Hilfe wieder back on Track, und das Trailfeuerwerk ging am heutigen Nationalfeiertag weiter.

Mal abenteuerlich und etwas ausgesetzt, dann kilometerlang über eine Suone. Diese Wasserleitungen sind meist traumhaft zum Biken, da sie stets leicht abfallend dem Hang entlang führen. Hier im Aostatal auch absolut einsam.

Dann hatte sich Bicimaga, unsere italienische Trailzauberin, noch qualcosa straordinario ausgedacht: Einen Felsspalt, schmaler als unsere Lenker, durch den sowohl das Bächlein als auch unser Trail führte. Ohne Umfahrungsmöglichkeit notabene.

Irgendwie schafften wir es nach einiger Zeit beide da durch, ohne dass wir unsere Bikes mit den Minitools in Einzelteile zerlegen oder eine Blitzcrashdiät über uns ergehen lassen mussten.

Unsere Bikespezi hinter uns zu lassen war aber definitiv einfacher als uns inklusive Velos da durchzuzwängen.

Nach einem weiteren, langen Trailhighlight durch einen typisch südseitigen Föhrenwald spuckte uns der Trail in Etroubles aus.

Zwei Pizze, Radler e Caffè später hatten wir beschlossen, dass wir heute nicht ins Tal runter fahren, damit wir morgen noch zwei ziemlich unbekannte Übergänge ausprobieren können.

Natürlich war auch da Verlass auf Freunde. Zum ersten solche aus der großen weiten Webwelt, und dann auch durch einen verlässlichen Blogleser.

Dieser hatte uns auch grad noch mit einer Zusatzschlaufe hier in Etroubles versorgt – merci Rotsch!

Zur Verdauung und damit es unseren Bremsen und Federelementen nicht zu wohl wurde, kletterten wir nochmals 700 Höhenmeter auf der gegenüberliegenden Talseite hoch. Um dann von einem steilen, aber offensichtlich uralten Waldweg mit zahlreichen Anliegerkurven überrascht zu werden. War das mal eine Bobbahn? Wir wissen es bis dato nicht. Was wir aber wissen: Unsere Bremsen sind uns ebenfalls freundlich gesinnt. Auch wenn Mats Bremsscheibe eher wie ein Kunstwerk aus einer Meisterschmiede denn eine genau zwei Tage alte Bikekomponente aussieht.

Was wir auch noch aus zuverlässiger Quelle wissen: Unsere zwei Freunde aus dem nördlichen Nachbarland treiben sich ebenfalls irgendwo hier in Etroubles rum.

Vielleicht putzen sie ja grad unsere Bikes… 🙂

A domani

Mat e Dani

5 Gedanken zu „Bikepacking Grand Combin oder so Tag 2: Friends with Benefits“

  1. Hoi Dani
    Warum habe ich immer das Gefühl, dass ihr zwei auf den falschen Wegen seid.
    Kommt es davon, dass wir fast nur Wanderwegweiser sehen?
    Danke für die unterhaltsame und spektakuläre Reise, die wir mit euch machen dürfen.
    Bis bald wieder einmal
    Moni und Andy

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